Wirtschaft
NationalsozialismusUnter dem Thema "Wirtschaft" gewinnt man einen Eindruck von der ökonomischen Situation in Wiener Neustadt und ihren Veränderungen während der NS-Zeit bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs. Insofern enthält die Sammlung hier beispielsweise Dokumente zum Aspekt der "Arbeitsbeschaffung", der Organisation der Arbeiterschaft (RAD, DAF) und zur Versorgung der Bevölkerung mit Lebensmitteln und Kleidung in der von Entbehrungen gekennzeichneten Kriegszeit. Abbildungen von Geschäften, aus Betrieben und vom Marktwesen auf dem Adolf-Hitler-Platz vermitteln uns eine Vorstellung vom Alltags- und Berufsleben unter dem Hakenkreuz.
Abteilung für Fürsorgeangelegenheiten im Rathaus
47.812730
16.243301
Im städtischen Wirtschaftsamt und den Fürsorgeeinrichtungen erhielt man Bezugsscheine, mit denen Menschen ohne Hab und Gut zumindest Kleidungsstücke erhalten konnten. Solche "Bezugsscheine für Spinnstoffwaren" bezogen sich auf Fertigwaren, wie beispielsweise Strümpfe, Schürzen, Nachthemden, Kopfbedeckungen (Mützen, Hüte), Handschuhe etc. Aus Wiener Neustadt geflohene Menschen erhielten solche Bezugsscheine auch an anderen Orten Österreichs, wie zum Beispiel in Salzburg.
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Arbeitsamt Wiener Neustadt - Mühlgasse 6
47.816610
16.246786
Die heute nicht mehr bestehende Mühlgasse begann am Eyerspergring 9 und endete in der Kaiserbrunngasse. Der Standort des Arbeitsamtes in der Mühlgasse 6 entspricht heute zirka der Grazer Straße 52. In der NS-Zeit wurden einige "Arbeitsbeschaffungsprogramme" aus der Ständestaat-Zeit fortgesetzt. Die meisten arbeitslosen Metall-Facharbeiter erhielten rasch in den Wiener Neustädter Flugzeugwerken eine Beschäftigung. Viele ungelernte Arbeiter wurden in der Bauwirtschaft beschäftigt. Personen, die ihnen am Arbeitsamt angebotene Stellen ablehnten, konnten als "arbeitsscheu" eingestuft und unter anderem deshalb in ein KZ kommen.
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Außenlager des Konzentrationslagers Mauthausen
47.828570
16.254292
In Wiener Neustadt befand sich auf dem Gebiet der im Mai 1942 gegründeten „Rax-Werke GmbH“, einer Tochtergesellschaft der Henschel-Werke, eine riesige Werkshalle an der Pottendorfer Straße, die 1943 aus der serbischen Stadt Kraljewo nach Wiener Neustadt transportiert und hier wieder aufgebaut wurde: die „Serbenhalle“. Darin und in anderen benachbarten Hallen wurden kriegswichtige Güter produziert. KZ-Häftlinge wurden in der "Serbenhalle" zur Zwangsarbeit eingesetzt. Das „SS-Arbeitslager Wiener Neustadt“ war ein „Außenlager“ von Mauthausen.
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Bezugsausweis - Gröhrmühlgasse 36
47.819890
16.238633
In der Gröhrmühlgasse 36 befand sich ein Wohnhaus, der so genannte "Stainerhof", der an der Stelle einer alten Mühle entstanden war. In diesem großen Wohnhaus mit seinen zahlreichen Zubauten und Gartenflächen lebten zahlreiche Familien. Der gesamte Komplex wurde am Beginn des 21. Jahrhunderts abgerissen. Viele Familien und Einzelpersonen hatten in der NS-Zeit einen Bezugsausweis für Lebensmittel und Bekleidung. Ein solcher hatte nur in einem bestimmten Bezirk (zum Beispiel des zuständigen Ernährungsamtes), in einer bestimmten Zeitspanne und für die darin angeführten Produkte seine Gültigkeit.
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Daimler-Werke
47.826310
16.259028
Auf dem Gebiet, das von der Pottendorfer Straße (im Nordwesten), dem Wiener Neustädter Kanal (im Nordosten), dem Kehrbach (im Südosten) und dem Fischa-Bach-Verlauf (im Westen) begrenzt wurde, befand sich die Österreichische Daimler Motoren- und Automobil-Fabrik. Diese war 1934 stillgelegt worden war. Fabriksgebäude und Infrastrukturen auf dem Areal wurden allerdings während der NS-Zeit genützt, zum Beispiel die Gebäude der ehemals jüdische Fabrik Pick & Co. Mit der Verwendung des Daimler-Werksgeländes für die Wiener Neustädter Flugzeugwerke wurde dort eine hohe Produktivität erreicht, die durch Bombenschäden jedoch bald ein Ende fand.
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Ernährungsamt Wiener Neustadt
47.812580
16.243665
Das Ernährungsamt im Rathaus von Wiener Neustadt bildete eine Einrichtung, die vor allem in der Zeit der Rationierungen und Zuteilungen von Lebensmitteln während des Zweiten Weltkriegs eine wichtige Rolle spielte. Das Ernährungsamt hatte den Bedarf einzuschätzen und die Zuteilungen zu kontrollieren. Es arbeitete mit den verschiedenen Bereichen der Lebensmittelwirtschaft zusammen, plante und koordinierte den Gesamtbedarf an Gütern (Obst, Gemüse, Zucker, Mehl etc.) zwischen Produzenten (zum Beispiel Großbetrieben), Zulieferern und Geschäften. Damit musste das Amt natürlich die Bemessungen für die Lebensmittelmarken vornehmen, da eigentlich nur so viele Marken vergeben werden konnten, als es vorhandene Lebensmittel gab. Das Amt hatte aber auch das Recht, Güter markenfrei abzugeben, sofern dringender Bedarf herrschte.
/zeitabschnitte/nationalsozialismus/place/109
Gemischtwarenhandlung Witetschka - Wiener Straße 18
47.814480
16.244217
Die Gemischtwarenhandlung (en gros und detail) des Kaufmanns Heinrich Witetschka befand sich in der Wiener Straße 18, an der Ecke zur Rosengasse. Er verkaufte unter anderem Kaffee, Tee, Kakao, Gewürze, Salz, Soda, Seife, Kerzen, Liköre und Wein - und bewarb sein Sortiment auffällig zur stark frequentierten Wiener Straße. Wie viele andere Geschäftsleute in der Wiener Neustädter Innenstadt ließ auch er seinen Betrieb bzw. das Gebäude im "nationalsozialistischen Stil" schmücken, denn dem konnte sich ein Geschäftsmann - egal welche politische Gesinnung er tatsächlich haben mochte - nach dem "Anschluss" 1938 nicht wirklich entziehen.
/zeitabschnitte/nationalsozialismus/place/116
Kreisdienststelle der DAF - Pöckgasse 7
47.814730
16.236424
Die Deutsche Arbeitsfront (DAF) hatte ihre Kreisdienststelle in der Pöckgasse 7. Die Leitung der Dienststelle übernahm 1938 Parteigenosse Baudisch. Die DAF war im Dritten Reich die größte Organisation mit mehreren Millionen Mitgliedern. In den Industrien und Betrieben stand ein "Betriebsführer" an der Spitze und alle Arbeiter und Angestellten wurden zur "Gefolgschaft". Die DAF sollte die Arbeiterschaft zu einer Leistungsgemeinschaft werden lassen. Der DAF beizutreten, brachte Mitgliedern durchaus Vorteile und gewisse Verbesserungen (zum Beispiel Angebote für Freizeit-Veranstaltungen etc.). Die DAF war keine Form der Gewerkschaft, sondern sie wurde zunehmend ein Instrument der Kontrolle und Disziplinierung.
/zeitabschnitte/nationalsozialismus/place/107
Kriegsspital
47.833080
16.264982
Das so genannte Kriegsspital aus dem Ersten Weltkrieg wurde namensgebend für ein ganzes Stadtviertel. In der Zeit des Ersten Weltkriegs war es ein Lazarett gewesen, das man in der Zwischenkriegszeit - aufgrund der Wohnungsnot - als Barackensiedlung verwendete. Die Wohnbaracken waren der Länge nach nordöstlich ausgerichtet, das heißt sie verliefen parallel zur Pottendorfer Straße (Pottendorferstraße). Während der der Stadt nähere Barackenkomplex sechs große Gebäude umfasste, zählte der weitere Komplex acht nahezu idente Gebäude. Der Wiener Neustädter Kanal begrenzte die "Barackenstadt" an der nordwestlichen Seite. Auf Höhe der heutigen Möhringgasse begannen sich die Baracken nach Nordosten zu erstrecken. Die heutige Eisengasse auf dem Areal des historischen Kriegsspitals entspricht ungefähr der Trennlinie zwischen den beiden Wohnbaracken-Komplexen.
/zeitabschnitte/nationalsozialismus/place/113
Markt auf dem Adolf-Hitler-Platz
47.813200
16.244000
Das Bild der Marktstände auf dem Wiener Neustädter Hauptplatz änderte sich im Laufe der Zeit kaum. Sie befanden sich im Bereich zwischen der Mariensäule und dem Grätzl. Die Gestalt der Standdächer änderte sich aber von einer runden Form hin zu rechteckigen Überdachungen. An besonderen Markttagen füllte sich der nördliche Teil des Adolf-Hitler-Platzes mit Klein- und Kleinsthändlern, die mit ihren (Hand-)Wagen ins Stadtzentrum gekommen waren, um ihre Waren aus Eigenanbau (z. B. Obst, Gemüse etc.) oder Handwerksgüter (z. B. Körbe etc.) zu verkaufen.
/zeitabschnitte/nationalsozialismus/place/119
Rax-Werk
47.827360
16.252017
Das so genannte Rax-Werk erstreckte sich während der Zeit des Nationalsozialismus an beiden Seiten entlang der Pottendorfer Straße (Pottendorferstraße) und war 1942 als Tochtergesellschaft der deutschen Eigentümergesellschaft Henschel & Co gegründet worden. Der Standort der Henschel-Werke bzw. des Rax-Werkes entsprach etwa dem Areal der ehemaligen Lokomotivfabrik, das insgesamt die Liegenschaften mit den Adressen Pottendorferstraße Nr. 37, 40, 44, 54-60 umfasst hatte und nun erweitert worden war. Die Bezeichnung Rax-Werk diente als Deckname für eine Metallindustrie, in der kriegswichtige Güter (Teile der V2-Raketen, Lokomotiv-Tender, Leichter) produziert wurden. Ein zentrales Produktionsgebäude bildete die "Serbenhalle". Dort befand sich über zwei Zeitphasen ein Außenlager des Konzentrationslagers Mauthausen.
/zeitabschnitte/nationalsozialismus/place/114
Reichsnährstand - Kreisbauernschaft - Adolf-Hitler-Platz 18
47.813530
16.244840
Die Landesbauernschaft in "Niederdonau" war in einzelne Kreis- und Ortsbauernschaften gegliedert. Die Stadt Wiener Neustadt brauchte ihr Umland, wenn es um die Versorgung mit landwirtschaftlichen Gütern ging. Hier wirkte die Kreisbauernschaft Wiener Neustadt. Nachdem auch in Österreich 1938 alle landwirtschaftlichen Verbände, Kammern und Organisationen zum so genannten "Reichsnährstand" zusammengeschlossen worden waren, schrieb die genannte NS-Institution für die Produktion, die Verteilung, die Preispolitik und die Vermarktung verantwortlich. Dabei ging es nicht nur um Produkte der Landwirtschaft, also landwirtschaftlichen Erzeugnisse der Bauernschaft, sondern auch um Produkte aus der Fischzucht und aus dem Obst- und Gartenbau.
/zeitabschnitte/nationalsozialismus/place/120
Stadtamt 2 - Fliegergeschädigte - Adolf-Hitler-Platz 1
47.812690
16.243485
Die Spreng- und Brandbomben, die zwischen August 1943 und April 1945 auf Wiener Neustadt fielen, bewirkten, dass zahlreiche Gebäude teilweise oder völlig zerstört wurden. Die Häuser und Wohnungen wurden unbewohnbar, weil sie beispielsweise gänzlich ruiniert, einsturzgefährdet oder fenster-/dachlos waren. Deshalb musste man seitens der Stadtverwaltung für die "Ausgebombten" bzw. "Fliegergeschädigten" Ersatzunterkünfte organisieren und bereitstellen. Die Überlebenden von Bombenangriffen wurde in der Folge, wenn sie keine eigenen vier Wände mehr vorfanden, in öffentlichen Gebäuden (zum Beispiel Schulgebäuden) und Häusern von Mitbürgern untergebracht.
/zeitabschnitte/nationalsozialismus/place/121
Steueramt - Adolf-Hitler-Platz 1
47.812690
16.243578
Die Steuereinnahmen der Stadtgemeinde Wiener Neustadt waren in ihrer langfristigen Entwicklung bis zum "Anschluss" kontinuierlich gefallen. Von der Ankurbelung der Wirtschaft durch Investitionen in die Industrie profitierten kurzfristig der Arbeitsmarkt und der lokale Handel. Die Löhne der Arbeiter wuchsen aufgrund der Anpassung an das reichsdeutsche Niveau an. Insofern kam es mit der NS-Lohn- und Beschäftigungspolitik zu einem erhöhten Steueraufkommen.
/zeitabschnitte/nationalsozialismus/place/117
Verwaltung des Reichsarbeitsdienstes - Ungargasse 29
47.812610
16.249849
Der Reichsarbeitsdienst (RAD) mietete sich 1938 im Gebäude des Wiener Neustädter Truppenspitals in der Ungargasse ein. Am 1. Oktober 1938 wurde die RAD-Pflicht für alle deutschen Staatsbürger eingeführt. Junge Männer und Frauen im Alter von 18. bis 25. Jahren hatten Arbeitsdienst im Umfang von anfänglich sechs Monaten (später deutlich weniger) zu leisten. Nach der NS-Ideologie sollte Arbeit den Deutschen erziehen. Konkret handelte es sich meist um Bauarbeiten und landwirtschaftliche Arbeiten, zum Beispiel "Erntehilfe", die beim RAD geleistet werden musste.
/zeitabschnitte/nationalsozialismus/place/115
Wiener Neustädter Sparkasse - Neunkirchner Straße 17
47.811290
16.243820
Die 1860 gegründete Wiener Neustädter Sparkasse ist seit jeher ein bedeutendes Geldinstitut in Wiener Neustadt. Viele Bürger und Bürgerinnen trugen ihr Erspartes auch in der NS-Zeit zur Sparkasse, die aber die Spareinlagen zur Finanzierung des Krieges bereitzustellen hatten. Ab dem 28. März 1938 galt in der "Ostmark" die Reichsmark-Währung. Diese Umstellung von Schilling und Groschen auf Reichsmark (RM) und Reichspfennig (Pf.) sollte ohne Teuerung vonstatten gehen, was aber - trotz Preissteigerungsverbot und propagandistischer Versprechen - nicht gelang.
/zeitabschnitte/nationalsozialismus/place/112
Wirtschaftsamt - Landrat des Kreises Wiener Neustadt - Neunkirchner Straße 36
47.809970
16.243461
In der Neunkirchner Straße 36 befand sich das Wirtschaftsamt. Während das NS-Ernährungsamt vorrangig Koordinierungsaufgaben hatte und als Anlaufstelle in Fragen nach Nahrungs- bzw. Lebensmittel zur Verfügung stand, war das Aufgabengebiet des Wirtschaftsamtes deutlich größer. Die Einwohner von Wiener Neustadt wandten sich beispielsweise an das lokale Wirtschaftsamt, wenn sie Bedarf an Sachgütern, wie zum Beispiel Möbeln, Wäsche und Textilien, anmeldeten, also mit Hilfe eines Antrags zu erhalten versuchten. Berechtigungen dafür wurden dann amtlich in Form von Bezugsscheine bzw. -marken ausgegeben.
/zeitabschnitte/nationalsozialismus/place/111
Wirtschaftsamt des Oberbürgermeisters - Adolf-Hitler-Platz 1
47.812710
16.243683
In Wiener Neustadt bestanden während der NS-Zeit zwei Wirtschaftsämter, nämlich das Wirtschaftsamt in der Neunkirchner Straße 36 und das "Wirtschaftsamt des Oberbürgermeisters". Zweiteres war eine im Rathaus untergebrachte Abteilung, die den Bedarf besonderer Sachgüter - die nicht über das Wirtschaftsamt liefen - behördlich erfasste und zuwies. Über Meldekarten mussten nach Aufrufen und Zeitungsinseraten bestimmte Güter (zum Beispiel Gummi/Kautschuk, Metalle, Treibstoffe) an dieses Amt gemeldet werden. Auf diese Weise wurden kriegswichtige Güter und Rohstoffe gesammelt.
/zeitabschnitte/nationalsozialismus/place/122
Alle Erinnerungsorte dieses Themas
- Abteilung für Fürsorgeangelegenheiten im Rathaus
- Arbeitsamt Wiener Neustadt - Mühlgasse 6
- Außenlager des Konzentrationslagers Mauthausen
- Bezugsausweis - Gröhrmühlgasse 36
- Daimler-Werke
- Ernährungsamt Wiener Neustadt
- Gemischtwarenhandlung Witetschka - Wiener Straße 18
- Kreisdienststelle der DAF - Pöckgasse 7
- Kriegsspital
- Markt auf dem Adolf-Hitler-Platz
- Rax-Werk
- Reichsnährstand - Kreisbauernschaft - Adolf-Hitler-Platz 18
- Stadtamt 2 - Fliegergeschädigte - Adolf-Hitler-Platz 1
- Steueramt - Adolf-Hitler-Platz 1
- Verwaltung des Reichsarbeitsdienstes - Ungargasse 29
- Wiener Neustädter Sparkasse - Neunkirchner Straße 17
- Wirtschaftsamt - Landrat des Kreises Wiener Neustadt - Neunkirchner Straße 36
- Wirtschaftsamt des Oberbürgermeisters - Adolf-Hitler-Platz 1