Vor 100 Jahren – Als es noch das echte Wiener Neustädter Bier gab
ErinnerungsortVor 100 Jahren – Als es noch das echte Wiener Neustädter Bier gab
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Bräuhausgasse 7-9 Der Brauhof und das Bierbrauen in Wiener Neustadt Der Wiener Neustädter Brauhof So wie der Wein noch vor 100 Jahren zur Stadt gehörte, in den städtischen Rebanlagen Weinreben gezüchtet wurden und Wein produziert wurde, war auch stets das Bier Teil des städtischen Lebens. Denn Bier wurde seit dem Spätmittelalter in der Steinfeldstadt gebraut. Die „Aktien-Gesellschaft Wr.-Neustädter Brauhof“ in der Bräuhausgasse 6 und 7 erzeugte und verkaufte nach eigener Angabe „altrenommierte Biere“ bzw. „vollmundige Biere“. Der städtische Brauhof war sowohl das Zentrum des Bierbrauens als auch des Konsums und der Unterhaltung. Ein weitläufiger Garten und mehrere Säle im Brauhof boten viel Platz. Deshalb wurde der Brauhof auch zum Ort für Festlichkeiten und Versammlungen – kultureller und politischer Art. Die vorhandene Kegelbahn war außerdem ein beliebter Treffpunkt der fast ausschließlich männlichen Gästeschar. Ein riesiges Bierdepot und Kühlanlagen garantierten, dass stets ausreichende Mengen des Gebrauten vorhanden und lieferbar waren. Zutaten – wie beispielsweise Hopfen und Gerste – konnten in den nahen „Kasematten“ bestens gelagert werden. Das Wiener Neustädter Bier hatte aber Konkurrenz auf dem Markt, denn ein Biertrinker mit trockener Kehle konnte in der Innenstadt beispielsweise in der Adlergasse 7 im Gasthof „Zum goldenen Adler“ mit dem als wohlschmeckend bekannten Piestinger Bier seinen Durst stillen. Jenes stammte von einem Familienbetrieb – der Familie Lehn – aus dem nahen Piestingtal. Die Bier-Brauerei von Josef Lehn brachte ihre „Abzug- und Lagerbiere“ in Flaschen und Gebinden (also Fässern verschiedener Größe) in die Wiener Neustädter Depots in der Adlergasse 7 und die Rosengasse 12. Auch Pilsner Bier wurde zum Beispiel in J. Reiner's Gastwirtschaft am Baumkirchnerring 6 ausgeschenkt. Zur Geschichte des Bierbrauens in der Neustadt (16.-19. Jh.) Im 16. Jahrhundert fand das Ausschenken von Bier in der Neustadt erstmals in schriftlichen Quellen Erwähnung. Im 17. Jahrhundert ist ein städtisches Brauhaus in der Stadtchronik erstmals angeführt (1621), in dem in steigendem Ausmaß Bier produziert wurde: 1697 ist von „3.086 Eimern“ (180.000 Liter) die Rede. Seit jeher war das Brauhaus in der Bräuhausgasse. Die Biere wurden an Gastwirtschaften geliefert (um 1900 sollen es rund 30, in den 1820er Jahren über 40 Wirte gewesen sein), aber auch an private Haushalte. Natürlich war das private Bierbrauen – wenn auch von der Stadt nicht gerne gesehen – üblich. 1735 verpachtete die Stadt den Brauhof. Die Pächter betrieben folglich eine eigene Bierausschank, sodass sich die Bierwirtschaft des Brauhofs etablierte. Um den Pächtern ein Monopol in der Steinfeldstadt zu sichern, verbot die Stadtgemeinde im 19. Jahrhundert das öffentliche Ausschenken und den Verkauf von fremden Bieren. Außerdem gab es auf dem Brauhof-Areal eine Milchviehwirtschaft, wo die Malzrückstände (eiweißreicher „Treber“) verfüttert wurden, und eine Milch-Verkaufsstelle. 1869 wechselte man vom Pacht-Prinzip auf eine Aktiengesellschaft („Aktien-Gesellschaft Wr.-Neustädter Brauhof“) und baute das Unternehmen aus. So richtete man Gärkeller für das Lagerbier ein, wo das Bier mittels Eis gekühlt werden konnte. Das Eis wurde aus dem Brauhausteich (beim Stadtpark) geschnitten. Noch heute erinnert eine Tafel an einen der Gärkeller; ein Eiskeller befand sich am Grabner/Bismarck-Ring (heute Ferdinand-Porsche-Ring) und war von zirka 1850 bis in die Zeit vor dem Zweiten Weltkrieg in Verwendung. Das Wiener Neustädter Bier wurde zum Kobersdorfer Im Laufe des ausklingenden 19. Jahrhunderts hatte die lokale Bierproduktion mit vielen Konkurrenzprodukten auf dem österreichischen Markt zu kämpfen (wie zum Beispiel mit dem berühmten Schwechater Bier). 1926 wurde die „Aktien-Gesellschaft Wr.-Neustädter Brauhof“ aufgekauft und ging in der „Aktiengesellschaft der Liesinger Brauerei“ auf. Diese demontierte und verwertete Einrichtungen des Brauhofareals, während die Stadtgemeinde schließlich die Grundflächen ankaufte und 1928/29 Gebäude abriss. Nur das Brauhofgebäude selbst blieb bestehen und wurde als sogenannter „Liesinger Brauhof“ (bis in die 1990er Jahre) zu einer bekannten Gastwirtschaft in der Stadt. Der heute in der Lederergasse bestehende Torbogen mit der Aufschrift „Brauhof“ wird fälschlich für einen Rest der mittelalterlichen Stadtmauer gehalten, obgleich er erst Ende der 1920er Jahre gebaut worden ist, um der Erinnerung an die geschliffene Stadtmauer und an das Brauerei-Unternehmen zu dienen. Das von 2014 bis 2019 unter dem Namen „Wiener Neustädter Bier“ angebotene Bier wurde im Burgenland gebraut, in der Schlossbrauerei Kobersdorf. Im Jänner 2019 stellte man die Produktion ein.
Vor 100 Jahren – Die Schwimmschule der Akademie
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Bräuhausgasse 7-9
Der Brauhof und das Bierbrauen in Wiener Neustadt
Der Wiener Neustädter Brauhof
So wie der Wein noch vor 100 Jahren zur Stadt gehörte, in den städtischen Rebanlagen Weinreben gezüchtet wurden und Wein produziert wurde, war auch stets das Bier Teil des städtischen Lebens. Denn Bier wurde seit dem Spätmittelalter in der Steinfeldstadt gebraut.
Die „Aktien-Gesellschaft Wr.-Neustädter Brauhof“ in der Bräuhausgasse 6 und 7 erzeugte und verkaufte nach eigener Angabe „altrenommierte Biere“ bzw. „vollmundige Biere“. Der städtische Brauhof war sowohl das Zentrum des Bierbrauens als auch des Konsums und der Unterhaltung. Ein weitläufiger Garten und mehrere Säle im Brauhof boten viel Platz. Deshalb wurde der Brauhof auch zum Ort für Festlichkeiten und Versammlungen – kultureller und politischer Art. Die vorhandene Kegelbahn war außerdem ein beliebter Treffpunkt der fast ausschließlich männlichen Gästeschar.
Ein riesiges Bierdepot und Kühlanlagen garantierten, dass stets ausreichende Mengen des Gebrauten vorhanden und lieferbar waren. Zutaten – wie beispielsweise Hopfen und Gerste – konnten in den nahen „Kasematten“ bestens gelagert werden.
Das Wiener Neustädter Bier hatte aber Konkurrenz auf dem Markt, denn ein Biertrinker mit trockener Kehle konnte in der Innenstadt beispielsweise in der Adlergasse 7 im Gasthof „Zum goldenen Adler“ mit dem als wohlschmeckend bekannten Piestinger Bier seinen Durst stillen. Jenes stammte von einem Familienbetrieb – der Familie Lehn – aus dem nahen Piestingtal. Die Bier-Brauerei von Josef Lehn brachte ihre „Abzug- und Lagerbiere“ in Flaschen und Gebinden (also Fässern verschiedener Größe) in die Wiener Neustädter Depots in der Adlergasse 7 und die Rosengasse 12. Auch Pilsner Bier wurde zum Beispiel in J. Reiner's Gastwirtschaft am Baumkirchnerring 6 ausgeschenkt.
Zur Geschichte des Bierbrauens in der Neustadt (16.-19. Jh.)
Im 16. Jahrhundert fand das Ausschenken von Bier in der Neustadt erstmals in schriftlichen Quellen Erwähnung. Im 17. Jahrhundert ist ein städtisches Brauhaus in der Stadtchronik erstmals angeführt (1621), in dem in steigendem Ausmaß Bier produziert wurde: 1697 ist von „3.086 Eimern“ (180.000 Liter) die Rede.
Seit jeher war das Brauhaus in der Bräuhausgasse. Die Biere wurden an Gastwirtschaften geliefert (um 1900 sollen es rund 30, in den 1820er Jahren über 40 Wirte gewesen sein), aber auch an private Haushalte. Natürlich war das private Bierbrauen – wenn auch von der Stadt nicht gerne gesehen – üblich.
1735 verpachtete die Stadt den Brauhof. Die Pächter betrieben folglich eine eigene Bierausschank, sodass sich die Bierwirtschaft des Brauhofs etablierte. Um den Pächtern ein Monopol in der Steinfeldstadt zu sichern, verbot die Stadtgemeinde im 19. Jahrhundert das öffentliche Ausschenken und den Verkauf von fremden Bieren. Außerdem gab es auf dem Brauhof-Areal eine Milchviehwirtschaft, wo die Malzrückstände (eiweißreicher „Treber“) verfüttert wurden, und eine Milch-Verkaufsstelle.
1869 wechselte man vom Pacht-Prinzip auf eine Aktiengesellschaft („Aktien-Gesellschaft Wr.-Neustädter Brauhof“) und baute das Unternehmen aus. So richtete man Gärkeller für das Lagerbier ein, wo das Bier mittels Eis gekühlt werden konnte. Das Eis wurde aus dem Brauhausteich (beim Stadtpark) geschnitten. Noch heute erinnert eine Tafel an einen der Gärkeller; ein Eiskeller befand sich am Grabner/Bismarck-Ring (heute Ferdinand-Porsche-Ring) und war von zirka 1850 bis in die Zeit vor dem Zweiten Weltkrieg in Verwendung.
Das Wiener Neustädter Bier wurde zum Kobersdorfer
Im Laufe des ausklingenden 19. Jahrhunderts hatte die lokale Bierproduktion mit vielen Konkurrenzprodukten auf dem österreichischen Markt zu kämpfen (wie zum Beispiel mit dem berühmten Schwechater Bier). 1926 wurde die „Aktien-Gesellschaft Wr.-Neustädter Brauhof“ aufgekauft und ging in der „Aktiengesellschaft der Liesinger Brauerei“ auf. Diese demontierte und verwertete Einrichtungen des Brauhofareals, während die Stadtgemeinde schließlich die Grundflächen ankaufte und 1928/29 Gebäude abriss. Nur das Brauhofgebäude selbst blieb bestehen und wurde als sogenannter „Liesinger Brauhof“ (bis in die 1990er Jahre) zu einer bekannten Gastwirtschaft in der Stadt.
Der heute in der Lederergasse bestehende Torbogen mit der Aufschrift „Brauhof“ wird fälschlich für einen Rest der mittelalterlichen Stadtmauer gehalten, obgleich er erst Ende der 1920er Jahre gebaut worden ist, um der Erinnerung an die geschliffene Stadtmauer und an das Brauerei-Unternehmen zu dienen.
Das von 2014 bis 2019 unter dem Namen „Wiener Neustädter Bier“ angebotene Bier wurde im Burgenland gebraut, in der Schlossbrauerei Kobersdorf. Im Jänner 2019 stellte man die Produktion ein.