Gebäude des AMS - Neunkirchner Straße 36 - Restaurant Gerstl

Erinnerungsort

Gebäude des AMS - Neunkirchner Straße 36 - Restaurant Gerstl

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Gebäude des AMS – Neunkirchner Straße 36 Koschere Küche in Wiener Neustadt Beim Haus Neunkirchner Straße 36 handelte es sich vor 1938 um ein großes Wohngebäude, in dem nicht nur ein Kaffeehaus, sondern auch ein jüdisches Restaurant untergebracht war. Die Kaffeehäuser „Café Seemann“ und das ihm nachfolgende „Café Wenninger“ waren den Wiener Neustädtern ein Begriff, aber die „koschere Restauration“ Gerstl kannte man eher nur innerhalb der jüdischen Gemeinde. Denn es war von der Straßenseite nicht zu erkennen und wurde offensichtlich auch durch keinen Schriftzug an der Fassade beworben. Dass es jedoch ab der Zeit des Ersten Weltkriegs eine solche „koschere Restauration“ gab, mag wohl am Zeichen des Davidsterns ersichtlich gewesen sein, der – zumindest nach einem inzwischen verschollenen Plan – über dem Haupttor angebracht gewesen war. Der Plan und historische Fotografien verraten uns leider nicht, ob der Davidstern allerdings auch tatsächlich (vielleicht nur über eine gewisse Zeitspanne) sichtbar angebracht war. Im Haus wohnten vereinzelt Juden und Jüdinnen, nämlich Mitglieder der Familien Ehrenhaft, Gerstl und Riegler. Inhaber des Restaurants war ursprünglich Max Gerstl (*1894). Malvine Gerstl (*1896) wird in den NS-Quellen als letzte Eigentümerin vor 1938 angeführt. Neben dem Restaurant Gerstl gab es noch ein zweites, jedoch sehr kleines Restaurant für koschere Speisen: jenes von Rosa Schulz in der Brodtischgasse 24. Wenn Mitglieder der jüdischen Gemeinde Feste und Feierlichkeiten mit „koscher Speis' und Trank“ ausrichteten, dann geschah dies in Wiener Neustadt im Restaurant Gerstl. Gleichwohl konnte man in der Steinfeldstadt koscheres Fleisch und „Koscherwein“ für den koscher geführten Haushalt erwerben. Jüdische Händler bezogen solches aus Westungarn bzw. dem Burgenland, wo bekanntlich orthodoxe Gemeinden waren, und verkauften es an die Interessenten in der Stadt und im Kultussprengel. Natürlich wurde in vielen Haushalten koscher gekocht. Jüdische Hausfrauen gingen direkt zum Schächter der Kultusgemeinde, dem Schochet, der im Schächthaus neben der Synagoge am Baumkirchnerring 4 zu bestimmten Zeiten gegen Gebühr Kleinvieh schächtete. Die ordnungsgemäße Schächtung hatte fehlerlos zu sein: mit einem haarscharfen Messer mit einem einzigen Schächtschnitt durch den Hals des Tieres. Nur reine, gesunde Tiere durften geschächtet werden, beispielsweise Geflügel (wie Gänse, Enten, Hühner), Ziegen, Schafe, Rinder und Wild (Hirsche, Rehe). Jedenfalls hatte es von Schlachthaus oder Fleischhacker unter „Aufsicht des Rabbiners“ zu kommen (das heißt unter direkter rabbinischer Kontrolle der Schlachtung, Verarbeitung oder Herstellung – oder zumindest unter der Letztverantwortung eines Rabbiners) und dann völlig von Blut gereinigt zu sein. Schächtungen durften nur nach Bewilligung durch die IKG durchgeführt werden; die jeweiligen Fleischbänke wurden in der Praxis vom Schächter der IKG beaufsichtigt. Größere Tiere brachte man in ein jüdisches „Lohnschlächterei-Unternehmen“ im städtischen Schlachthof. Die jüdische Fleischhauerei Stadler in der Herzog-Leopold-Straße 18 war ein Betrieb, bei dem die jüdische Bevölkerung gerne koscheres Fleisch einkaufte. In jüdischen Häusern wurde in hohem Maße stets auf die Reinlichkeit geachtet und man hielt die strengen Speisevorschriften (Kaschrut) tunlichst ein, wie zum Beispiel Milch- und Fleischprodukte niemals zusammenzutun. Eine jüdische Küche hat daher für „Milchiges“ und „Fleischiges“ immer zwei getrennte Bereiche der Aufbewahrung und Zubereitung. Aber nicht nur im unterschiedlichen Geschirr für das eine und andere kommt dieses Gebot zum Ausdruck, sondern auch im getrennten Anrichten bei Tisch.   Quellen/Literatur: Werner Sulzgruber, Das jüdische Wiener Neustadt. Geschichte und Zeugnisse jüdischen Lebens vom 13. bis ins 20. Jahrhundert, Wien 2010.  

Die ehemalige Heller-Villa - Promenade 1

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Gebäude des AMS – Neunkirchner Straße 36

Koschere Küche in Wiener Neustadt

Beim Haus Neunkirchner Straße 36 handelte es sich vor 1938 um ein großes Wohngebäude, in dem nicht nur ein Kaffeehaus, sondern auch ein jüdisches Restaurant untergebracht war. Die Kaffeehäuser „Café Seemann“ und das ihm nachfolgende „Café Wenninger“ waren den Wiener Neustädtern ein Begriff, aber die „koschere Restauration“ Gerstl kannte man eher nur innerhalb der jüdischen Gemeinde. Denn es war von der Straßenseite nicht zu erkennen und wurde offensichtlich auch durch keinen Schriftzug an der Fassade beworben. Dass es jedoch ab der Zeit des Ersten Weltkriegs eine solche „koschere Restauration“ gab, mag wohl am Zeichen des Davidsterns ersichtlich gewesen sein, der – zumindest nach einem inzwischen verschollenen Plan – über dem Haupttor angebracht gewesen war. Der Plan und historische Fotografien verraten uns leider nicht, ob der Davidstern allerdings auch tatsächlich (vielleicht nur über eine gewisse Zeitspanne) sichtbar angebracht war. Im Haus wohnten vereinzelt Juden und Jüdinnen, nämlich Mitglieder der Familien Ehrenhaft, Gerstl und Riegler. Inhaber des Restaurants war ursprünglich Max Gerstl (*1894). Malvine Gerstl (*1896) wird in den NS-Quellen als letzte Eigentümerin vor 1938 angeführt. Neben dem Restaurant Gerstl gab es noch ein zweites, jedoch sehr kleines Restaurant für koschere Speisen: jenes von Rosa Schulz in der Brodtischgasse 24. Wenn Mitglieder der jüdischen Gemeinde Feste und Feierlichkeiten mit „koscher Speis' und Trank“ ausrichteten, dann geschah dies in Wiener Neustadt im Restaurant Gerstl.

Gleichwohl konnte man in der Steinfeldstadt koscheres Fleisch und „Koscherwein“ für den koscher geführten Haushalt erwerben. Jüdische Händler bezogen solches aus Westungarn bzw. dem Burgenland, wo bekanntlich orthodoxe Gemeinden waren, und verkauften es an die Interessenten in der Stadt und im Kultussprengel.

Natürlich wurde in vielen Haushalten koscher gekocht. Jüdische Hausfrauen gingen direkt zum Schächter der Kultusgemeinde, dem Schochet, der im Schächthaus neben der Synagoge am Baumkirchnerring 4 zu bestimmten Zeiten gegen Gebühr Kleinvieh schächtete. Die ordnungsgemäße Schächtung hatte fehlerlos zu sein: mit einem haarscharfen Messer mit einem einzigen Schächtschnitt durch den Hals des Tieres. Nur reine, gesunde Tiere durften geschächtet werden, beispielsweise Geflügel (wie Gänse, Enten, Hühner), Ziegen, Schafe, Rinder und Wild (Hirsche, Rehe). Jedenfalls hatte es von Schlachthaus oder Fleischhacker unter „Aufsicht des Rabbiners“ zu kommen (das heißt unter direkter rabbinischer Kontrolle der Schlachtung, Verarbeitung oder Herstellung – oder zumindest unter der Letztverantwortung eines Rabbiners) und dann völlig von Blut gereinigt zu sein. Schächtungen durften nur nach Bewilligung durch die IKG durchgeführt werden; die jeweiligen Fleischbänke wurden in der Praxis vom Schächter der IKG beaufsichtigt. Größere Tiere brachte man in ein jüdisches „Lohnschlächterei-Unternehmen“ im städtischen Schlachthof. Die jüdische Fleischhauerei Stadler in der Herzog-Leopold-Straße 18 war ein Betrieb, bei dem die jüdische Bevölkerung gerne koscheres Fleisch einkaufte.

In jüdischen Häusern wurde in hohem Maße stets auf die Reinlichkeit geachtet und man hielt die strengen Speisevorschriften (Kaschrut) tunlichst ein, wie zum Beispiel Milch- und Fleischprodukte niemals zusammenzutun. Eine jüdische Küche hat daher für „Milchiges“ und „Fleischiges“ immer zwei getrennte Bereiche der Aufbewahrung und Zubereitung. Aber nicht nur im unterschiedlichen Geschirr für das eine und andere kommt dieses Gebot zum Ausdruck, sondern auch im getrennten Anrichten bei Tisch.

 

Quellen/Literatur:
Werner Sulzgruber, Das jüdische Wiener Neustadt. Geschichte und Zeugnisse jüdischen Lebens vom 13. bis ins 20. Jahrhundert, Wien 2010.

 

Bilder

Gebäude Neunkirchner Straße 36 - Arbeitsmarktservice NÖ

Datierung: 2015 Autor: Foto Marcel Billaudet

Aufnahme des nordöstlichen Erdgeschoß-Bereichs, in dem sich ein Kaffeehaus befand

Datierung: 2015 Autor: Foto Marcel Billaudet

Haus Neunkirchner Straße 36, 1915

In diesem prachtvollen Gebäude befand sich zur Zeit des Ersten Weltkriegs ein Knabenpensionat.
Datierung: 1915 Quelle: Privatbesitz Erwin Wrenkh Autor: unbekannt Zusatzinfo: Postkarte

Plan der Fassade des Gebäudes Neunkirchner Straße 36 mit einem Davidstern über dem Haupteingang

Datierung: o. J. Quelle: Sammlung Werner Sulzgruber Autor: unbekannt Zusatzinfo: Scan Werner Sulzgruber

Haus Neunkirchner Straße 36, o. J.

Datierung: o. J. Quelle: Stadtarchiv Wiener Neustadt Autor: unbekannt Zusatzinfo: Fotografie