Wohn- und Geschäftshaus - Herzog-Leopold-Straße 7 (heute 9)

Erinnerungsort

Wohn- und Geschäftshaus - Herzog-Leopold-Straße 7 (heute 9)

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Wohn- und Geschäftshaus – Herzog-Leopold-Straße 9 Dr. Jakob Rosenfeld & Die „Schuhfabrik“ Adolf Ehrenhaft Die Geschwister Jakob und Sabine Rosenfeld hatten beide in Wien Medizin studiert und in den 1930er Jahren gemeinsam in der Herzog-Leopold-Straße 7 eine Ordination geführt. Während Dr.in Sabine Rosenfeld als Zahnärztin arbeitete, war Dr. Jakob Rosenfeld (*1903) als Urologe und Gynäkologe vorerst an der hiesigen Adresse tätig, wechselte aber 1935 nach Wien. Er wurde 1938 inhaftiert und erlebte die beiden Konzentrationslager Dachau und Buchenwald. Seine Schwester konnte nach Großbritannien emigrieren. Für Dr. Rosenfeld blieb nach seiner Entlassung 1939 nur der Weg nach Shanghai offen. In seinem Exil meldete sich Jakob Rosenfeld – von seiner antifaschistischen und nun marxistischen Überzeugung dazu motiviert – freiwillig zur Volksarmee Mao Zedongs, in der er als Truppenarzt Dienst leistete. In der Neuen Vierten Armee entwickelt sich eine Freundschaft mit dem Kommandanten Chen Yi und dem Politkommissar Liu Shaoqi. Über seine Erlebnisse in der Armee führte Dr. Rosenfeld von 1941 und 1949 ein Tagebuch, das eine überaus wertvolle Quelle über das Leben, die Bräuche und die Geschichte der 1940er Jahre in China darstellt. Rosenfeld wurde als Mediziner zum Mythos. Man nannte ihn beispielsweise den „Tigerbalsamdoktor“, dessen ärztliche Kunst gleichsam alle Leiden zu lindern vermag, sprach ihn als „Hua Tuo“ (wie den berühmten chinesischen Arzt) und „Buddha“ an und verehrte ihn als „Retter der Mütter“. Es waren seine chirurgischen Eingriffe, mit denen er hunderten Menschen das Lebens rettete, und eben diese Kunst war die Grundlage für seinen hervorragenden Ruf. Rosenfeld engagierte sich in der Verbesserung der medizinischen Versorgung in der Armee und im Aufbau von medizinischen Infrastrukturen. 1945 erreichte er den Dienstgrad eines Generals (einer Sanitätsbrigade) und wurde Leiter („Gesundheitsminister“) der 1. Armee in der Manschurei – das höchste Amt, das jemals von einem Ausländer bei kommunistischen Truppen bekleidet werden durfte. 1949 kehrte Rosenfeld nach Wien zurück, verließ jedoch das besetzte Österreich nach kurzer Zeit wieder und ging nach Israel. Sein Wunsch, wieder nach Asien zu reisen, erfüllte sich nicht mehr, da Dr. Jakob Rosenfeld – genannt „General Langnase“ („Da-Bidze“) – am 22. April 1952 starb. 1992 wurde für den Nationalhelden in der Provinz Shandong in China ein riesiges Denkmal errichtet und ein Spital erhielt seinen Namen. 2006 erfolgte die Benennung eines Parks in Wien Donaustadt nach ihm: des Jakob-Rosenfeld-Parks. Im Zusammenhang mit der Adresse Herzog-Leopold-Straße 7 soll das „Schuhhaus“ Ehrenhaft nicht unerwähnt bleiben. Denn der Schuhmachermeister und Schuhfabrikant Adolf Ehrenhaft (*1866) ließ 1912/13 am Stadtrand von Wiener Neustadt (damals Weikersdorfer Straße 38) eine Fabrik zur „mechanischen Schuhwarenerzeugung“ errichten. Mit den dort produzierten Produkten belieferte er den Schuhhandel in Stadt und Bezirk, und er verkaufte diese auch in seinem „Schuhhaus“. Obgleich das Geschäft bis 1938 bestand, so musste Ehrenhaft seine Fabrik in der Zeit der großen Wirtschaftskrise schließen. 1932 erwarb die katholischen Kirche das Fabriksgebäude und baute es zur – im Volksmund „Schusterkirche“ genannten – Erlöserkirche um. Adolf Ehrenhaft und seine Familie wurden 1938 aus Wiener Neustadt vertrieben und konnten in die USA emigrieren. Heute kennen nur noch wenige Menschen den Grund dafür, warum die Erlöserkirche auch „Schusterkirche“ heißt. Kaum jemand weiß um die Rolle des jüdischen Geschäftsmannes Adolf Ehrenhaft im lokalen Schuhhandel: seine „Qualitätsschuhe“ und das riesige Sortiment für Damen, Herren und Kinder.   Quellen/Literatur:Gerd Kaminski,: General Luo genannt Langnase. Das abenteuerliche Leben des Dr. med. Jakob Rosenfeld, Wien 1993. Gerd Kaminski (Hrsg.), Ich kannte sie alle. Das Tagebuch des chinesischen Generals Jakob Rosenfeld, Wien 2002. Werner Sulzgruber, Das jüdische Wiener Neustadt. Geschichte und Zeugnisse jüdischen Lebens vom 13. bis ins 20. Jahrhundert, Wien 2010. Werner Sulzgruber, Lebenslinien. Jüdische Familien und ihre Schicksale. Eine biografische Reise in die Vergangenheit von Wiener Neustadt, Wien/Horn 2013. Sammlung des Österreichischen Instituts für China- und Südostasienforschung (www.china-kultur.at)  

Das einstige Zentrum des jüdischen Viertels - Allerheiligenplatz

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Wohn- und Geschäftshaus – Herzog-Leopold-Straße 9

Dr. Jakob Rosenfeld & Die „Schuhfabrik“ Adolf Ehrenhaft

Die Geschwister Jakob und Sabine Rosenfeld hatten beide in Wien Medizin studiert und in den 1930er Jahren gemeinsam in der Herzog-Leopold-Straße 7 eine Ordination geführt. Während Dr.in Sabine Rosenfeld als Zahnärztin arbeitete, war Dr. Jakob Rosenfeld (*1903) als Urologe und Gynäkologe vorerst an der hiesigen Adresse tätig, wechselte aber 1935 nach Wien. Er wurde 1938 inhaftiert und erlebte die beiden Konzentrationslager Dachau und Buchenwald. Seine Schwester konnte nach Großbritannien emigrieren. Für Dr. Rosenfeld blieb nach seiner Entlassung 1939 nur der Weg nach Shanghai offen.

In seinem Exil meldete sich Jakob Rosenfeld – von seiner antifaschistischen und nun marxistischen Überzeugung dazu motiviert – freiwillig zur Volksarmee Mao Zedongs, in der er als Truppenarzt Dienst leistete. In der Neuen Vierten Armee entwickelt sich eine Freundschaft mit dem Kommandanten Chen Yi und dem Politkommissar Liu Shaoqi. Über seine Erlebnisse in der Armee führte Dr. Rosenfeld von 1941 und 1949 ein Tagebuch, das eine überaus wertvolle Quelle über das Leben, die Bräuche und die Geschichte der 1940er Jahre in China darstellt. Rosenfeld wurde als Mediziner zum Mythos. Man nannte ihn beispielsweise den „Tigerbalsamdoktor“, dessen ärztliche Kunst gleichsam alle Leiden zu lindern vermag, sprach ihn als „Hua Tuo“ (wie den berühmten chinesischen Arzt) und „Buddha“ an und verehrte ihn als „Retter der Mütter“. Es waren seine chirurgischen Eingriffe, mit denen er hunderten Menschen das Lebens rettete, und eben diese Kunst war die Grundlage für seinen hervorragenden Ruf. Rosenfeld engagierte sich in der Verbesserung der medizinischen Versorgung in der Armee und im Aufbau von medizinischen Infrastrukturen.

1945 erreichte er den Dienstgrad eines Generals (einer Sanitätsbrigade) und wurde Leiter („Gesundheitsminister“) der 1. Armee in der Manschurei – das höchste Amt, das jemals von einem Ausländer bei kommunistischen Truppen bekleidet werden durfte.

1949 kehrte Rosenfeld nach Wien zurück, verließ jedoch das besetzte Österreich nach kurzer Zeit wieder und ging nach Israel. Sein Wunsch, wieder nach Asien zu reisen, erfüllte sich nicht mehr, da Dr. Jakob Rosenfeld – genannt „General Langnase“ („Da-Bidze“) – am 22. April 1952 starb.

1992 wurde für den Nationalhelden in der Provinz Shandong in China ein riesiges Denkmal errichtet und ein Spital erhielt seinen Namen. 2006 erfolgte die Benennung eines Parks in Wien Donaustadt nach ihm: des Jakob-Rosenfeld-Parks.

Im Zusammenhang mit der Adresse Herzog-Leopold-Straße 7 soll das „Schuhhaus“ Ehrenhaft nicht unerwähnt bleiben. Denn der Schuhmachermeister und Schuhfabrikant Adolf Ehrenhaft (*1866) ließ 1912/13 am Stadtrand von Wiener Neustadt (damals Weikersdorfer Straße 38) eine Fabrik zur „mechanischen Schuhwarenerzeugung“ errichten. Mit den dort produzierten Produkten belieferte er den Schuhhandel in Stadt und Bezirk, und er verkaufte diese auch in seinem „Schuhhaus“. Obgleich das Geschäft bis 1938 bestand, so musste Ehrenhaft seine Fabrik in der Zeit der großen Wirtschaftskrise schließen. 1932 erwarb die katholischen Kirche das Fabriksgebäude und baute es zur – im Volksmund „Schusterkirche“ genannten – Erlöserkirche um.

Adolf Ehrenhaft und seine Familie wurden 1938 aus Wiener Neustadt vertrieben und konnten in die USA emigrieren. Heute kennen nur noch wenige Menschen den Grund dafür, warum die Erlöserkirche auch „Schusterkirche“ heißt. Kaum jemand weiß um die Rolle des jüdischen Geschäftsmannes Adolf Ehrenhaft im lokalen Schuhhandel: seine „Qualitätsschuhe“ und das riesige Sortiment für Damen, Herren und Kinder.

 

Quellen/Literatur:
Gerd Kaminski,: General Luo genannt Langnase. Das abenteuerliche Leben des Dr. med. Jakob Rosenfeld, Wien 1993.
Gerd Kaminski (Hrsg.), Ich kannte sie alle. Das Tagebuch des chinesischen Generals Jakob Rosenfeld, Wien 2002.
Werner Sulzgruber, Das jüdische Wiener Neustadt. Geschichte und Zeugnisse jüdischen Lebens vom 13. bis ins 20. Jahrhundert, Wien 2010.
Werner Sulzgruber, Lebenslinien. Jüdische Familien und ihre Schicksale. Eine biografische Reise in die Vergangenheit von Wiener Neustadt, Wien/Horn 2013.
Sammlung des Österreichischen Instituts für China- und Südostasienforschung (www.china-kultur.at)

 

Bilder

Blick aus der Fußgängerzone auf das Wohn- und Geschäftshaus in der Herzog-Leopold-Straße 9

Datierung: 2016 Quelle: Sammlung Sulzgruber Autor: Foto Marcel Billaudet

Gebäudefront des Wohn- und Geschäftshauses Herzog-Leopold-Straße 9

Datierung: 2016 Quelle: Sammlung Sulzgruber Autor: Foto Marcel Billaudet

Dr. Jakob Rosenfeld, 1942

Datierung: 1942 Quelle: Archiv des IVM Autor: unbekannt Zusatzinfo: Fotografie

„Schuhhaus Ehrenhaft“ in der Herzog-Leopold-Straße (linker Bildrand), 1927

Es scheint sich bei der Person, die in der Tür steht, um Adolf Ehrenhaft zu handeln.
Datierung: 1927 Quelle: Privatbesitz Heinrich Witetschka Autor: Verlag Kuderna Zusatzinfo: Postkarte