Ein Fenster in die jüdische Geschichte - Hauptplatz 13 - Zahnatelier Braunberg
ErinnerungsortEin Fenster in die jüdische Geschichte - Hauptplatz 13 - Zahnatelier Braunberg
47.813600
16.243278
Ein Fenster in die jüdische Geschichte – Hauptplatz 13 Gustav Braunberg & „Mischehen“ Der Zahntechniker Gustav Braunberg (1896-1944) wohnte vor 1938 mit seiner Frau Olga und seiner Tochter Anna („Anni“) am Hauptplatz 13 und führte hier auch seine Praxis. Der „Anschluss“ 1938 und die antijüdische Politik hatte drastische Konsequenzen für die kleine Familie, weil sich die „arische“ Gattin Olga von ihrem jüdischen Ehemann trennte und die Scheidung einreichte. Denn sie wollte ihren aufwendigen Lebensstil weiterhin pflegen. Für Töchterchen Anna, die ihren Vater über alles liebte, brach eine Welt zusammen, als ihr „Papi“ wenige Tage nach der Scheidung im Juli 1938 die „Ostmark“ verließ, um in Prag seinen Lebensunterhalt zu verdienen. Seine Zahntechniker-Praxis war von einem nicht-jüdischer Zahntechniker namens Rotheneder übernommen, also „arisiert“ worden, und seine Frau hatte einen Großteil des verbliebenen Vermögens an sich genommen. Die Scheidung wurde für Gustav Braunberg zum Todesurteil. Er wurde im August 1944 nach Theresienstadt deportiert und am 29. September 1944 in Auschwitz ermordet. Schon die Festnahme in der Hauptstadt der Tschechoslowakei muss für Gustav Braunberg höchst bitter gewesen sein, denn es war ein Freund (und nunmehriger SS-Angehöriger) gewesen, der ihn verhaftet hatte. Seine Tochter, die als sogenannter „Mischling“ mit dem Rassismus der NS-Zeit konfrontiert war, erlitt einen Nervenzusammenbruch. Sie verzieh ihrer verhassten Mutter nie und trug diesen schweren Schicksalsschlag und Verlust des Vaters bis zu ihrem Tod mit sich. Ihr Trauma verarbeitete Anni Stern-Braunberg ein halbes Jahrhundert später in der Biografie „Im Namen meines Vaters“ (1994). Sie verstarb 2013 und wurde in Wiener Neustadt begraben. Braunberg hätte nicht den Tod finden müssen, denn jüdische Partner bzw. Partnerinnen in „deutsch-jüdischen Mischehen“ wurden 1938 an sich von der Verfolgung ausgenommen – wenngleich es auf die lokal handelnden NS-Verantwortlichen ankam. Sie waren dennoch der sozialen Ausgrenzung und Formen von Gewalt und Entrechtung ausgesetzt. Manche hatten Zwangsarbeit zu leisten. In Wiener Neustadt gab es mehrere Paare im Status von „Mischehen“. Im Gegensatz zum Fall Braunberg hatten die Betroffenen durch ihren „arischen“ Partner einen gewissen Schutz. Bei der letzten Renovierung sollte die Westfassade der Alten-Kronen-Apotheke gänzlich neu verputzt bzw. übermalt werden, sodass alle Schriftzüge in Verlust geraten wären. Auf Initiative des Historikers Dr. Werner Sulzgruber und mit der Unterstützung des Eigentümers Mag. Werner Kornfeld wurde ein „Fenster in die Geschichte“ offen gelassen. Hier kann noch der verblasste Rest des Schriftzuges „Zahnatelier G. Braunberg im Hause“ gelesen werden. Wie durch ein Wunder hat sich nämlich der 1938 darüber gemalte Name des „Ariseurs“ abgelöst, als ob uns dieser Erinnerungsort auf die Lebensgeschichte Braunbergs hinweisen will. Unterrichtsmaterial: http://www.zeitgeschichte-wn.at/images/Lernmaterialien/20-Wiener-Neust%C3%A4dter-im-Vernichtungslager-Auschwitz.pdf Quellen/Literatur: Anni Stern-Braunberg, Im Namen meines Vaters, Wien 1994. Werner Sulzgruber, Das jüdische Wiener Neustadt. Geschichte und Zeugnisse jüdischen Lebens vom 13. bis ins 20. Jahrhundert, Wien 2010. Werner Sulzgruber, Lebenslinien. Jüdische Familien und ihre Schicksale. Eine biografische Reise in die Vergangenheit von Wiener Neustadt, Wien/Horn 2013. PS: Der Hinweis auf den Schriftzug war vor vielen Jahren von Helmut Puritscher gekommen.Der Autor (Werner Sulzgruber) bedankt sich ausdrücklich für diesen wertvollen Hinweis!
Das ehemalige Matrikenamt der IKG - Hauptplatz 11 - Oberrabbiner Weiss
47.813630
16.242975
47.813577
16.243237
47.813619
16.243151
47.813620
16.243013
Ein Fenster in die jüdische Geschichte – Hauptplatz 13
Gustav Braunberg & „Mischehen“
Der Zahntechniker Gustav Braunberg (1896-1944) wohnte vor 1938 mit seiner Frau Olga und seiner Tochter Anna („Anni“) am Hauptplatz 13 und führte hier auch seine Praxis. Der „Anschluss“ 1938 und die antijüdische Politik hatte drastische Konsequenzen für die kleine Familie, weil sich die „arische“ Gattin Olga von ihrem jüdischen Ehemann trennte und die Scheidung einreichte. Denn sie wollte ihren aufwendigen Lebensstil weiterhin pflegen. Für Töchterchen Anna, die ihren Vater über alles liebte, brach eine Welt zusammen, als ihr „Papi“ wenige Tage nach der Scheidung im Juli 1938 die „Ostmark“ verließ, um in Prag seinen Lebensunterhalt zu verdienen. Seine Zahntechniker-Praxis war von einem nicht-jüdischer Zahntechniker namens Rotheneder übernommen, also „arisiert“ worden, und seine Frau hatte einen Großteil des verbliebenen Vermögens an sich genommen. Die Scheidung wurde für Gustav Braunberg zum Todesurteil. Er wurde im August 1944 nach Theresienstadt deportiert und am 29. September 1944 in Auschwitz ermordet. Schon die Festnahme in der Hauptstadt der Tschechoslowakei muss für Gustav Braunberg höchst bitter gewesen sein, denn es war ein Freund (und nunmehriger SS-Angehöriger) gewesen, der ihn verhaftet hatte.
Seine Tochter, die als sogenannter „Mischling“ mit dem Rassismus der NS-Zeit konfrontiert war, erlitt einen Nervenzusammenbruch. Sie verzieh ihrer verhassten Mutter nie und trug diesen schweren Schicksalsschlag und Verlust des Vaters bis zu ihrem Tod mit sich. Ihr Trauma verarbeitete Anni Stern-Braunberg ein halbes Jahrhundert später in der Biografie „Im Namen meines Vaters“ (1994). Sie verstarb 2013 und wurde in Wiener Neustadt begraben.
Braunberg hätte nicht den Tod finden müssen, denn jüdische Partner bzw. Partnerinnen in „deutsch-jüdischen Mischehen“ wurden 1938 an sich von der Verfolgung ausgenommen – wenngleich es auf die lokal handelnden NS-Verantwortlichen ankam. Sie waren dennoch der sozialen Ausgrenzung und Formen von Gewalt und Entrechtung ausgesetzt. Manche hatten Zwangsarbeit zu leisten. In Wiener Neustadt gab es mehrere Paare im Status von „Mischehen“. Im Gegensatz zum Fall Braunberg hatten die Betroffenen durch ihren „arischen“ Partner einen gewissen Schutz.
Bei der letzten Renovierung sollte die Westfassade der Alten-Kronen-Apotheke gänzlich neu verputzt bzw. übermalt werden, sodass alle Schriftzüge in Verlust geraten wären. Auf Initiative des Historikers Dr. Werner Sulzgruber und mit der Unterstützung des Eigentümers Mag. Werner Kornfeld wurde ein „Fenster in die Geschichte“ offen gelassen. Hier kann noch der verblasste Rest des Schriftzuges „Zahnatelier G. Braunberg im Hause“ gelesen werden. Wie durch ein Wunder hat sich nämlich der 1938 darüber gemalte Name des „Ariseurs“ abgelöst, als ob uns dieser Erinnerungsort auf die Lebensgeschichte Braunbergs hinweisen will.
Unterrichtsmaterial:
http://www.zeitgeschichte-wn.at/images/Lernmaterialien/20-Wiener-Neust%C3%A4dter-im-Vernichtungslager-Auschwitz.pdf
Quellen/Literatur:
Anni Stern-Braunberg, Im Namen meines Vaters, Wien 1994.
Werner Sulzgruber, Das jüdische Wiener Neustadt. Geschichte und Zeugnisse jüdischen Lebens vom 13. bis ins 20. Jahrhundert, Wien 2010.
Werner Sulzgruber, Lebenslinien. Jüdische Familien und ihre Schicksale. Eine biografische Reise in die Vergangenheit von Wiener Neustadt, Wien/Horn 2013.
PS: Der Hinweis auf den Schriftzug war vor vielen Jahren von Helmut Puritscher gekommen.
Der Autor (Werner Sulzgruber) bedankt sich ausdrücklich für diesen wertvollen Hinweis!