Follow the Codes - Greta, Herb und Heddy
ErinnerungsortFollow the Codes - Greta, Herb und Heddy
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Neunkirchner Straße 19 Wiener Neustadt ‒ New York: „Greta, Herb und Heddy“ In den USA gibt es einige besondere Fotografien, die zu den sogenannten „Schlüsselbildern“ der US-Geschichte zählen. Darunter findet sich ein berühmtes Bild, das einen Matrosen zeigt, der anlässlich der Feiern zum Ende des Zweiten Weltkriegs („V-J Day“) auf dem Times Square in New York eine Krankenschwester küsst. Es war der 14. August 1945, ein historischer Tag, an dem in den USA der Sieg über Japan gefeiert wurde. Hunderttausende Menschen waren auf den Straßen und gaben ihrer Freude über das Kriegsende Ausdruck. Damals entstand das Bild „V-J Day in Times Square“. In einem euphorischen Moment hatte ein Matrose eine junge Frau gepackt und geküsst. Diese Szene fing Alfred Eisenstaedt fotografisch ein, das Schwarz-Weiß-Bild wurde als Ganzseite im LIFE-Magazine abgedruckt und machte so seinen Weg über den gesamten Globus. Es steht, wie kein anderes Foto, bis heute für die unbändige, tiefe Freude in der US-amerikanischen Bevölkerung über das Ende des Krieges. Die Frage nach der Identität der beiden Personen beschäftigte bald die Medien. Insgesamt behaupteten später mindestens elf Männer der Matrose und vier Frauen die Frau in der Krankenschwestern-Kleidung gewesen zu sein. Greta Friedman entdeckte das Foto in den 1960er Jahren in einem Buch über den Fotografen Eisenstaedt und seine Bilder. Sie schrieb daraufhin an den LIFE-Verlag und erfuhr, dass eine andere Person als die Frau auf dem Bild identifiziert worden sei. Sie erkannte sich allerdings eindeutig selbst auf dem Bild und konnte dies auch glaubhaft begründen. Nach wissenschaftlichen Untersuchungen in den vergangenen Jahren besteht heute kein Zweifel mehr: Greta ist die Frau auf diesem weltberühmten Bild. Die junge Frau ist die Wiener Neustädterin Margarete „Greta“ Zimmer (*05.06.1924, Wr. Neustadt), Tochter von Max und Ida Zimmer. Vater Max führte bis 1938 ein „Herrenbekleidungshaus“ in der Neunkirchner Straße 34, die Familie wohnte in einem Haus in der Gymelsdorfer Straße 30 in Wiener Neustadt. Sie war aufgrund ihres sozialen Engagements bekannt, aber auch wegen der vier Töchter: der „Zimmer-Mädel“. Nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten, der Beraubung und der Vertreibung der jüdischen Familie aus Wiener Neustadt konnte Greta, wie auch ihre drei Schwestern, ins Exil fliehen. Die Eltern wurden zu Opfern der Shoah. Greta gelangte in die USA und arbeitete bei einem Zahnarzt in der Lexington Avenue in New York. Zum Zeitpunkt, als dieses Foto gemacht wurde, war sie Zahnarzthelferin. Man sieht auf dem Foto also keine „Krankenschwester“, wie die abgebildete Frau angesichts der weißen Bekleidung stets fälschlich bezeichnet worden war. 1956 heiratete Greta Zimmer den Wissenschafter Dr. Mischa E. Friedman, mit dem sie drei Söhne und eine Tochter hatte. 1981 machte sie einen Abschluss in Kunst am Hood College und führte ein Studio in Frederick, Maryland, wo sie Drucke und Malereien produzierte. Sie arbeitete später auch als Buch-Restaurateurin am Hood College. Im September 2016 verstarb Greta Friedman im Alter von 92 Jahren in Richmond, Virginia. Anmerkung: Der Zusammenhang zwischen Greta Zimmer aus Wiener Neustadt und der berühmten Fotografie war bis zum Tod von Greta Friedman in Europa völlig unbekannt. Erst durch den Historiker Dr. Werner Sulzgruber, der (aufgrund seiner Forschungsarbeiten über jüdische Familien aus Wiener Neustadt und der Region) in Kontakt mit Angehörigen der Familie Zimmer-Friedman in den USA stand und steht, wurde dies von jenem 2016 publik gemacht und in der Folge von der österreichischen Presse (z. B. APA, Kurier etc.) sowie diversen Medien (z. B. ORF) verbreitet. In der Neunkirchner Straße 17 wohnte die vierköpfige Familie Adolf Breuer, die 1940 in die USA einreisen durfte. Der älteste in Wiener Neustadt geborene Sohn Herbert (*24.03.1924) avancierte zu einem bekannten Fotografien in New York: vor allem waren es seine Aufnahmen für Mode-Magazine, wie „Look“, und von US-Präsidenten, wie J. F. Kennedy. „Herb“, wie ihn alle nannten, verstarb 2014. Seine Fotografien sind skandalöser Weise fast alle verschwunden oder vernichtet, wie sich erst vor Kurzem herausstellte. Heddy Abramowitz, eine Enkelin von Adolf Breuer, lebt seit 1980 in Jerusalem und ist seit vielen Jahren als freischaffende Künstlerin aktiv. Ihre Werke – Zeichnungen, Malereien und Fotografien – wurden in Ausstellungen in Israel und anderen Ländern gezeigt. Ihre jüdischen Wurzeln und das Thema Shoah prägen viele ihrer Arbeiten, unter anderem weil ihr Vater, Alexander Breuer (der Bruder von Herbert Herb Breuer), als US-amerikanischer Soldat zu den „Befreiern“ des Konzentrationslagers Buchenwald zählte und ihre Mutter Auschwitz und andere Lager überlebt hatte. Exkurs: In der Zeit des Ersten Weltkriegs nahm in der Neunkirchner Straße 36 ‒ damals Kaiser Franz Joseph Straße ‒ eine koschere Auskocherei ihren Betrieb auf. Die Familie Gerstl führte an dieser Adresse ein Gast- und Schankgewerbe: ein koscheres Restaurant. Hier bekam man ungesäuertes Brot (Mazzes). Möglicherweise zierte ein Davidstern das Haupttor des Gebäudes, um die Nutzung durch Jüdinnen und Juden anzuzeigen.
Follow the Codes - Alle kennen Martha
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Neunkirchner Straße 19
Wiener Neustadt ‒ New York: „Greta, Herb und Heddy“
In den USA gibt es einige besondere Fotografien, die zu den sogenannten „Schlüsselbildern“ der US-Geschichte zählen. Darunter findet sich ein berühmtes Bild, das einen Matrosen zeigt, der anlässlich der Feiern zum Ende des Zweiten Weltkriegs („V-J Day“) auf dem Times Square in New York eine Krankenschwester küsst. Es war der 14. August 1945, ein historischer Tag, an dem in den USA der Sieg über Japan gefeiert wurde. Hunderttausende Menschen waren auf den Straßen und gaben ihrer Freude über das Kriegsende Ausdruck. Damals entstand das Bild „V-J Day in Times Square“.
In einem euphorischen Moment hatte ein Matrose eine junge Frau gepackt und geküsst. Diese Szene fing Alfred Eisenstaedt fotografisch ein, das Schwarz-Weiß-Bild wurde als Ganzseite im LIFE-Magazine abgedruckt und machte so seinen Weg über den gesamten Globus. Es steht, wie kein anderes Foto, bis heute für die unbändige, tiefe Freude in der US-amerikanischen Bevölkerung über das Ende des Krieges.
Die Frage nach der Identität der beiden Personen beschäftigte bald die Medien. Insgesamt behaupteten später mindestens elf Männer der Matrose und vier Frauen die Frau in der Krankenschwestern-Kleidung gewesen zu sein.
Greta Friedman entdeckte das Foto in den 1960er Jahren in einem Buch über den Fotografen Eisenstaedt und seine Bilder. Sie schrieb daraufhin an den LIFE-Verlag und erfuhr, dass eine andere Person als die Frau auf dem Bild identifiziert worden sei. Sie erkannte sich allerdings eindeutig selbst auf dem Bild und konnte dies auch glaubhaft begründen. Nach wissenschaftlichen Untersuchungen in den vergangenen Jahren besteht heute kein Zweifel mehr: Greta ist die Frau auf diesem weltberühmten Bild.
Die junge Frau ist die Wiener Neustädterin Margarete „Greta“ Zimmer (*05.06.1924, Wr. Neustadt), Tochter von Max und Ida Zimmer. Vater Max führte bis 1938 ein „Herrenbekleidungshaus“ in der Neunkirchner Straße 34, die Familie wohnte in einem Haus in der Gymelsdorfer Straße 30 in Wiener Neustadt. Sie war aufgrund ihres sozialen Engagements bekannt, aber auch wegen der vier Töchter: der „Zimmer-Mädel“. Nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten, der Beraubung und der Vertreibung der jüdischen Familie aus Wiener Neustadt konnte Greta, wie auch ihre drei Schwestern, ins Exil fliehen. Die Eltern wurden zu Opfern der Shoah.
Greta gelangte in die USA und arbeitete bei einem Zahnarzt in der Lexington Avenue in New York. Zum Zeitpunkt, als dieses Foto gemacht wurde, war sie Zahnarzthelferin. Man sieht auf dem Foto also keine „Krankenschwester“, wie die abgebildete Frau angesichts der weißen Bekleidung stets fälschlich bezeichnet worden war.
1956 heiratete Greta Zimmer den Wissenschafter Dr. Mischa E. Friedman, mit dem sie drei Söhne und eine Tochter hatte. 1981 machte sie einen Abschluss in Kunst am Hood College und führte ein Studio in Frederick, Maryland, wo sie Drucke und Malereien produzierte. Sie arbeitete später auch als Buch-Restaurateurin am Hood College.
Im September 2016 verstarb Greta Friedman im Alter von 92 Jahren in Richmond, Virginia.
Anmerkung: Der Zusammenhang zwischen Greta Zimmer aus Wiener Neustadt und der berühmten Fotografie war bis zum Tod von Greta Friedman in Europa völlig unbekannt. Erst durch den Historiker Dr. Werner Sulzgruber, der (aufgrund seiner Forschungsarbeiten über jüdische Familien aus Wiener Neustadt und der Region) in Kontakt mit Angehörigen der Familie Zimmer-Friedman in den USA stand und steht, wurde dies von jenem 2016 publik gemacht und in der Folge von der österreichischen Presse (z. B. APA, Kurier etc.) sowie diversen Medien (z. B. ORF) verbreitet.
In der Neunkirchner Straße 17 wohnte die vierköpfige Familie Adolf Breuer, die 1940 in die USA einreisen durfte. Der älteste in Wiener Neustadt geborene Sohn Herbert (*24.03.1924) avancierte zu einem bekannten Fotografien in New York: vor allem waren es seine Aufnahmen für Mode-Magazine, wie „Look“, und von US-Präsidenten, wie J. F. Kennedy. „Herb“, wie ihn alle nannten, verstarb 2014. Seine Fotografien sind skandalöser Weise fast alle verschwunden oder vernichtet, wie sich erst vor Kurzem herausstellte.
Heddy Abramowitz, eine Enkelin von Adolf Breuer, lebt seit 1980 in Jerusalem und ist seit vielen Jahren als freischaffende Künstlerin aktiv. Ihre Werke – Zeichnungen, Malereien und Fotografien – wurden in Ausstellungen in Israel und anderen Ländern gezeigt. Ihre jüdischen Wurzeln und das Thema Shoah prägen viele ihrer Arbeiten, unter anderem weil ihr Vater, Alexander Breuer (der Bruder von Herbert Herb Breuer), als US-amerikanischer Soldat zu den „Befreiern“ des Konzentrationslagers Buchenwald zählte und ihre Mutter Auschwitz und andere Lager überlebt hatte.
Exkurs:
In der Zeit des Ersten Weltkriegs nahm in der Neunkirchner Straße 36 ‒ damals Kaiser Franz Joseph Straße ‒ eine koschere Auskocherei ihren Betrieb auf. Die Familie Gerstl führte an dieser Adresse ein Gast- und Schankgewerbe: ein koscheres Restaurant. Hier bekam man ungesäuertes Brot (Mazzes). Möglicherweise zierte ein Davidstern das Haupttor des Gebäudes, um die Nutzung durch Jüdinnen und Juden anzuzeigen.