AKH am Corvinusring

Erinnerungsort

AKH am Corvinusring

47.814480

16.249236

Altes Krankenhaus – Corvinusring/Waisenhausgasse NS-Medizin & -„Euthanasie“ An jenem Punkt, an dem der Corvinusring nur noch eingeschränkt befahren werden darf und schließlich zur Fußgängerzone wird, stehen wir an der Einmündung zur Waisenhausgasse direkt vor dem ehemaligen Haupteingang zum Wiener Neustädter Krankenhaus: Das 1889 eröffnete Haus mit seinen 150 Betten war bald erweitert worden und hatte mit einem Infektionsspital 1904 einen neuen Zubau bekommen. Das Infektionsspital bestand aus vier ebenerdigen Pavillons und erhielt seinen Namen nach 1889 in Genf ermordeten Kaiserin: „Kaiserin-Elisabeth-Infektionsspital“. Dem folgten neuerlichen Erweiterung mit einem einstöckigen Sanatorium an der Südseite des AKH (1906), mit einer Erhöhung des Hauptgebäudes um zwei Stockwerke (1926-1928) und mit einem Mütterheim an der Südseite (1936-1937). Zwischen 1938 und 1945 wurden auch Einwohner aus Wiener Neustadt, die von den verantwortlichen Medizinern dazu ausgesucht worden waren, in psychiatrische Anstalten transferiert und systematisch ermordet. Das Ziel der nationalsozialistischen „Rassenhygiene“ bestand nämlich darin, Erbkrankheiten einzugrenzen und Träger von angeblich „minderwertigerem“ Erbmaterial zu sterilisieren. In der NS-Medizin sprach man von der „Gesundheit des Volksköpers“. Diese könne nur gewährleistet werden, wenn Menschen mit „erblicher Minderwertigkeit“ (beispielsweise Menschen mit körperlichen und/oder geistigen Behinderungen, Alkoholismus etc.) durch Unfruchtbarmachung und Tötung („Vernichtung lebensunwerten Lebens“) aus der Gesellschaft verschwinden. Sowohl Kinder als auch Erwachsene aus Wiener Neustadt wurden zu Opfern der NS--„Euthanasie“. In den Krankenanstalten und Gesundheitsämtern – so auch in Wiener Neustadt – wurden Betroffene bürokratisch erfasst und gemeldet. (Kinder-)Ärzte, Pflegepersonal und der jeweilige Amtsarzt waren in diese geregelten Verfahren involviert. Mit der Einweisung in Heil- und Pflegeanstalten war das Todesurteil über die Betroffenen gesprochen. Kinder aus Wiener Neustadt wurden „Am Spiegelgrund“ zu Tode gebracht, wobei als vermeintliche Todesursache verhüllend „Lungenentzündung“ angegeben wurde. Erwachsene aus Wiener Neustadt wurden in der Tötungsanstalt Hartheim ermordet, indem man sie dort vergaste. Sie waren Teil der über 70.000 Opfer, die im Rahmen der „Aktion T4“ (die ihren Namen von der Verwaltung in der Berliner Tiergartenstraße 4 erhielt) 1940 bis 1941 ermordet wurden. Zirka 60 Opfer der „Aktion T4“ kamen aus Wiener Neustadt: 33 Männer, 25 Frauen und zwei Jugendliche. Weiters tötete man innerhalb des NS-„Euthanasie“-Programms Wiener Neustädter in Gugging, Mauer-Öhling und sogar im über 700 Kilometer entfernten Meseritz-Obrawalde (heute Międzyrzecz in Polen). Man ließ die Patienten dort verhungern oder ermordete sie mit Medikamentengaben (zum Beispiel Schlafmittel-Dosen). Schätzungen gehen von mindestens 100 Menschen aus Wiener Neustadt aus, die Opfer der NS-„Euthanasie“ waren.   Quellen/Literatur:Gertrud Gerhartl, Wiener Neustadt. Niederösterreichischer Kulturführer. Wien/München 1983.Gertrud Gerhartl, Wiener Neustadt. Geschichte, Kunst, Kultur, Wirtschaft, Wiener Neustadt 19932.Brigitte Haberstroh/Maximilian Huber/Michael Rosecker (Hg.), Stolpersteine Wiener Neustadt. Stadtführer des Erinnerns, Wiener Neustadt 2011.  

Widerstandsdenkmal im Freiheitspark - I

47.821020

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Altes Krankenhaus – Corvinusring/Waisenhausgasse

NS-Medizin & -„Euthanasie“

An jenem Punkt, an dem der Corvinusring nur noch eingeschränkt befahren werden darf und schließlich zur Fußgängerzone wird, stehen wir an der Einmündung zur Waisenhausgasse direkt vor dem ehemaligen Haupteingang zum Wiener Neustädter Krankenhaus:

Das 1889 eröffnete Haus mit seinen 150 Betten war bald erweitert worden und hatte mit einem Infektionsspital 1904 einen neuen Zubau bekommen. Das Infektionsspital bestand aus vier ebenerdigen Pavillons und erhielt seinen Namen nach 1889 in Genf ermordeten Kaiserin: „Kaiserin-Elisabeth-Infektionsspital“. Dem folgten neuerlichen Erweiterung mit einem einstöckigen Sanatorium an der Südseite des AKH (1906), mit einer Erhöhung des Hauptgebäudes um zwei Stockwerke (1926-1928) und mit einem Mütterheim an der Südseite (1936-1937).

Zwischen 1938 und 1945 wurden auch Einwohner aus Wiener Neustadt, die von den verantwortlichen Medizinern dazu ausgesucht worden waren, in psychiatrische Anstalten transferiert und systematisch ermordet. Das Ziel der nationalsozialistischen „Rassenhygiene“ bestand nämlich darin, Erbkrankheiten einzugrenzen und Träger von angeblich „minderwertigerem“ Erbmaterial zu sterilisieren. In der NS-Medizin sprach man von der „Gesundheit des Volksköpers“. Diese könne nur gewährleistet werden, wenn Menschen mit „erblicher Minderwertigkeit“ (beispielsweise Menschen mit körperlichen und/oder geistigen Behinderungen, Alkoholismus etc.) durch Unfruchtbarmachung und Tötung („Vernichtung lebensunwerten Lebens“) aus der Gesellschaft verschwinden.

Sowohl Kinder als auch Erwachsene aus Wiener Neustadt wurden zu Opfern der NS--„Euthanasie“. In den Krankenanstalten und Gesundheitsämtern – so auch in Wiener Neustadt – wurden Betroffene bürokratisch erfasst und gemeldet. (Kinder-)Ärzte, Pflegepersonal und der jeweilige Amtsarzt waren in diese geregelten Verfahren involviert. Mit der Einweisung in Heil- und Pflegeanstalten war das Todesurteil über die Betroffenen gesprochen. Kinder aus Wiener Neustadt wurden „Am Spiegelgrund“ zu Tode gebracht, wobei als vermeintliche Todesursache verhüllend „Lungenentzündung“ angegeben wurde. Erwachsene aus Wiener Neustadt wurden in der Tötungsanstalt Hartheim ermordet, indem man sie dort vergaste. Sie waren Teil der über 70.000 Opfer, die im Rahmen der „Aktion T4“ (die ihren Namen von der Verwaltung in der Berliner Tiergartenstraße 4 erhielt) 1940 bis 1941 ermordet wurden. Zirka 60 Opfer der „Aktion T4“ kamen aus Wiener Neustadt: 33 Männer, 25 Frauen und zwei Jugendliche.

Weiters tötete man innerhalb des NS-„Euthanasie“-Programms Wiener Neustädter in Gugging, Mauer-Öhling und sogar im über 700 Kilometer entfernten Meseritz-Obrawalde (heute Międzyrzecz in Polen). Man ließ die Patienten dort verhungern oder ermordete sie mit Medikamentengaben (zum Beispiel Schlafmittel-Dosen). Schätzungen gehen von mindestens 100 Menschen aus Wiener Neustadt aus, die Opfer der NS-„Euthanasie“ waren.

 

Quellen/Literatur:
Gertrud Gerhartl, Wiener Neustadt. Niederösterreichischer Kulturführer. Wien/München 1983.
Gertrud Gerhartl, Wiener Neustadt. Geschichte, Kunst, Kultur, Wirtschaft, Wiener Neustadt 19932.
Brigitte Haberstroh/Maximilian Huber/Michael Rosecker (Hg.), Stolpersteine Wiener Neustadt. Stadtführer des Erinnerns, Wiener Neustadt 2011.

 

Bilder

Frontansicht des AKH Wiener Neustadt

Nahaufnahme AKH-Frontansicht

Seitenansicht des Hauptgebäudes des AKH

Detailansicht der Fassade des AKH