Der „Eiserne Ritter“ am Domplatz
ErinnerungsortDer „Eiserne Ritter“ am Domplatz
47.814780
16.242581
Der „Eiserne Ritter“ beim Dom – Domplatz Ein allzeit getreuer, siegreicher Ritter Der „Eiserne Ritter“ befindet sich an der südlichen Außenwand des Wiener Neustädter Doms und weist den Betrachter nicht auf die Zeit des Mittelalters, sondern auf die des Ersten und Zweiten Weltkrieges hin: Es handelt sich um ein Kriegerdenkmal, wie es in seiner Machart typisch für die Zeit des Ersten Weltkriegs und der darauffolgenden Nachkriegszeit ist. Die vom Künstler Heinrich Krippel geschaffene überdimensionale Ritterfigur hält in ihren Händen jeweils eine Lanze. Diese beiden Lanzen sind durch ein Banner mit der Aufschrift „Allzeit getreu“ verbunden. In martialischer Haltung steht der Ritter auf einem drachenähnlichen Fabel- bzw. Wappentier. Seine Körpersprache signalisiert vielleicht Standhaftigkeit, Kampfesmut und Stolz – schließlich ist er auch siegreich über das unter ihm liegende Wesen. Die feierliche Enthüllung des Denkmals erfolgte am 15. November 1931, also erst lange nach dem Ende des Ersten Weltkriegs. Der Kriegerdenkmalverein Wiener Neustadt hatte 1930 den Auftrag dazu ausgeschrieben und den später realisierten Entwurf aus achtzig Vorschlägen im Rahmen eines Wettbewerbs ausgewählt. Der Ritter steht symbolisch nicht nur für seine Wehrhaftigkeit und Entschlossenheit, sondern für die ritterlichen Tugenden (des Mittelalters) an sich, also Tapferkeit, Treue, Ehre, aber auch Mäßigung, Güte und Mitleid. Die mittelalterliche Vorstellung von der Ritterlichkeit, wie sie vor allem in der höfischen Dichtung und den Heldenepen zum Ausdruck kam, führte in der Geschichte zur Romantisierung und Glorifizierung. Die Verherrlichung des Ritters in seiner Symbolik findet sich sowohl im Krieg als auch danach, wie sich im Kriegerdenkmal am Wiener Neustädter Dom zeigt. Die Bezeichnung „Ritter“ erhielt sich unter anderem in Formen der Auszeichnung, wie zum Beispiel im Zweiten Weltkrieg in Form des „Ritterkreuzes“ des „Eisernen Kreuzes“ (EK). Der „Eiserne Ritter“ von Wiener Neustadt steht auf einem Sockel, auf dem ein entsprechendes Kreuz sichtbar ist, und außerdem wird mit dem Schrift-Banner eindeutig die Treue hervorgehoben. Dem Begriff der Treue kam während der Zeit des Nationalsozialismus eine spezifische Bedeutung zu, sei es in Parolen für den Führer („Dem Führer allezeit getreu!“) – wie es explizit in Wiener Neustadt der Fall war – oder im heute verbotenen Wahlspruch der Schutzstaffel („Meine Ehre heißt Treue“). Insofern ist die Formulierung „allzeit getreu“ nicht unproblematisch, denn schließlich bezeichnet sie auch den bedingungslosen Gehorsam, wie er von den Soldaten in der Hitler-Diktatur eingefordert wurde. In Wiener Neustadt nahm man dieses Denkmal, das eigentlich auf den Ersten Weltkrieg bezogen war, bewusst auch für die Soldaten des Zweiten Weltkrieges auf. Denn erst nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die Inschrift „Den Gefallenen der Weltkriege 1914-1918 und 1939-1945“ ergänzt und es kam das Symbol des „Eisernen Kreuzes“ bzw. „Schwarzen Kreuzes“ auf dem Sockel hinzu. Im Dom (gleichsam hinter dem Ritter gelegen, im südwestlichen Teil des Doms) befindet sich eine kleine, stets verschlossene Kapelle: die „Gedächtniskapelle“. Im Kapellenraum liegen zwei Bücher auf, geschützt hinter einer Abdeckung, die die Namen der Gefallenen des Ersten und Zweiten Weltkriegs enthalten. Im Buch zu den Gefallenen bzw. Vermissten aus dem Zweiten Weltkrieg mit seinen 806 Namen) sind außerdem, sofern bekannt, der Dienstgrad, das Geburts- und Todesdatum sowie der Ort des Todes eingetragen worden. Auf der Nordwand der Kapelle prangten die abgeänderten Zeilen eines Gedichts von Anton Wildgans (1881-1932): Das ist der Sinn von diesem großen SterbenIhr, die ihr noch lebet, merket wohl:Die schwere Zeit will große Erben.Ihr Todesmut will euren Lebensmut! Obgleich der Name des Lyrikers hinzugefügt wurde, als ob es ein Zitat wäre, so lautet der Wortlaut des Originals aus dem Jahr 1914 aber in Wahrheit anders. Es ist noch dazu kein Gedicht gegen den Krieg, sondern deutsche Kriegslyrik(!), wie sowohl der Titel „Vae Victis!“ (Wehe den Besiegten!) als auchInhalte dieses Weiheliedes klar zum Ausdruck bringen: Strophe 6:Weh den Besiegten! Härtester der Sprüche,An ihren Nacken wird er kalt vollstreckt,Mit Schlächterruhe ohne Haß und FlücheZermalmt die Brut und was sie ausgeheckt.Der Sieger wird die Großmut unterdrückenUnd über schmählich hingekrümmte RückenHinstampfen wie auf häßliches Insekt. (vorletzte) Strophe 11:Das ist der Sinn von diesem großen Sterben,Ihr, die ihr dann noch lebet, merketgut:Die großen Tatenwollengroße Erben,Ihr Todesmut will unsern Lebensmut,Ihr ungemeines opferndes VerrichtenBewirkt ein neues Maß für unsre Pflichten,Und wehe dem, der dann nicht liebt und tut! (letzte) Strophe 12:So zieht denn aus mit alten Schlachtenweisen,Geweiht Heere, Helden Mann für Mann!Jetzt wird mit heißem Blut und kaltem EisenEin wundersames Menschenwerk getan.Die größte Tat ist eurer Kraft beschieden:Dem heiligen Kriege folgt der heilige Frieden,Und weiße Tauben schweben himmelan. Obgleich ein allzeit getreuer, siegreicher Ritter am Dom steht, waren die Soldaten, die sich freiwillig gemeldet hatten oder unfreiwillig in den Krieg ziehen mussten, tatsächlich – sowohl im Ersten als auch im Zweiten Weltkrieg – Verlierer dieser großen, blutigen Kriege.
AKH am Corvinusring
47.814480
16.249236
Der „Eiserne Ritter“ beim Dom – Domplatz
Ein allzeit getreuer, siegreicher Ritter
Der „Eiserne Ritter“ befindet sich an der südlichen Außenwand des Wiener Neustädter Doms und weist den Betrachter nicht auf die Zeit des Mittelalters, sondern auf die des Ersten und Zweiten Weltkrieges hin:
Es handelt sich um ein Kriegerdenkmal, wie es in seiner Machart typisch für die Zeit des Ersten Weltkriegs und der darauffolgenden Nachkriegszeit ist. Die vom Künstler Heinrich Krippel geschaffene überdimensionale Ritterfigur hält in ihren Händen jeweils eine Lanze. Diese beiden Lanzen sind durch ein Banner mit der Aufschrift „Allzeit getreu“ verbunden. In martialischer Haltung steht der Ritter auf einem drachenähnlichen Fabel- bzw. Wappentier. Seine Körpersprache signalisiert vielleicht Standhaftigkeit, Kampfesmut und Stolz – schließlich ist er auch siegreich über das unter ihm liegende Wesen.
Die feierliche Enthüllung des Denkmals erfolgte am 15. November 1931, also erst lange nach dem Ende des Ersten Weltkriegs. Der Kriegerdenkmalverein Wiener Neustadt hatte 1930 den Auftrag dazu ausgeschrieben und den später realisierten Entwurf aus achtzig Vorschlägen im Rahmen eines Wettbewerbs ausgewählt.
Der Ritter steht symbolisch nicht nur für seine Wehrhaftigkeit und Entschlossenheit, sondern für die ritterlichen Tugenden (des Mittelalters) an sich, also Tapferkeit, Treue, Ehre, aber auch Mäßigung, Güte und Mitleid. Die mittelalterliche Vorstellung von der Ritterlichkeit, wie sie vor allem in der höfischen Dichtung und den Heldenepen zum Ausdruck kam, führte in der Geschichte zur Romantisierung und Glorifizierung. Die Verherrlichung des Ritters in seiner Symbolik findet sich sowohl im Krieg als auch danach, wie sich im Kriegerdenkmal am Wiener Neustädter Dom zeigt.
Die Bezeichnung „Ritter“ erhielt sich unter anderem in Formen der Auszeichnung, wie zum Beispiel im Zweiten Weltkrieg in Form des „Ritterkreuzes“ des „Eisernen Kreuzes“ (EK). Der „Eiserne Ritter“ von Wiener Neustadt steht auf einem Sockel, auf dem ein entsprechendes Kreuz sichtbar ist, und außerdem wird mit dem Schrift-Banner eindeutig die Treue hervorgehoben. Dem Begriff der Treue kam während der Zeit des Nationalsozialismus eine spezifische Bedeutung zu, sei es in Parolen für den Führer („Dem Führer allezeit getreu!“) – wie es explizit in Wiener Neustadt der Fall war – oder im heute verbotenen Wahlspruch der Schutzstaffel („Meine Ehre heißt Treue“). Insofern ist die Formulierung „allzeit getreu“ nicht unproblematisch, denn schließlich bezeichnet sie auch den bedingungslosen Gehorsam, wie er von den Soldaten in der Hitler-Diktatur eingefordert wurde.
In Wiener Neustadt nahm man dieses Denkmal, das eigentlich auf den Ersten Weltkrieg bezogen war, bewusst auch für die Soldaten des Zweiten Weltkrieges auf. Denn erst nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die Inschrift „Den Gefallenen der Weltkriege 1914-1918 und 1939-1945“ ergänzt und es kam das Symbol des „Eisernen Kreuzes“ bzw. „Schwarzen Kreuzes“ auf dem Sockel hinzu.
Im Dom (gleichsam hinter dem Ritter gelegen, im südwestlichen Teil des Doms) befindet sich eine kleine, stets verschlossene Kapelle: die „Gedächtniskapelle“. Im Kapellenraum liegen zwei Bücher auf, geschützt hinter einer Abdeckung, die die Namen der Gefallenen des Ersten und Zweiten Weltkriegs enthalten. Im Buch zu den Gefallenen bzw. Vermissten aus dem Zweiten Weltkrieg mit seinen 806 Namen) sind außerdem, sofern bekannt, der Dienstgrad, das Geburts- und Todesdatum sowie der Ort des Todes eingetragen worden. Auf der Nordwand der Kapelle prangten die abgeänderten Zeilen eines Gedichts von Anton Wildgans (1881-1932):
Das ist der Sinn von diesem großen Sterben
Ihr, die ihr noch lebet, merket wohl:
Die schwere Zeit will große Erben.
Ihr Todesmut will euren Lebensmut!
Obgleich der Name des Lyrikers hinzugefügt wurde, als ob es ein Zitat wäre, so lautet der Wortlaut des Originals aus dem Jahr 1914 aber in Wahrheit anders. Es ist noch dazu kein Gedicht gegen den Krieg, sondern deutsche Kriegslyrik(!), wie sowohl der Titel „Vae Victis!“ (Wehe den Besiegten!) als auchInhalte dieses Weiheliedes klar zum Ausdruck bringen:
Strophe 6:
Weh den Besiegten! Härtester der Sprüche,
An ihren Nacken wird er kalt vollstreckt,
Mit Schlächterruhe ohne Haß und Flüche
Zermalmt die Brut und was sie ausgeheckt.
Der Sieger wird die Großmut unterdrücken
Und über schmählich hingekrümmte Rücken
Hinstampfen wie auf häßliches Insekt.
(vorletzte) Strophe 11:
Das ist der Sinn von diesem großen Sterben,
Ihr, die ihr dann noch lebet, merketgut:
Die großen Tatenwollengroße Erben,
Ihr Todesmut will unsern Lebensmut,
Ihr ungemeines opferndes Verrichten
Bewirkt ein neues Maß für unsre Pflichten,
Und wehe dem, der dann nicht liebt und tut!
(letzte) Strophe 12:
So zieht denn aus mit alten Schlachtenweisen,
Geweiht Heere, Helden Mann für Mann!
Jetzt wird mit heißem Blut und kaltem Eisen
Ein wundersames Menschenwerk getan.
Die größte Tat ist eurer Kraft beschieden:
Dem heiligen Kriege folgt der heilige Frieden,
Und weiße Tauben schweben himmelan.
Obgleich ein allzeit getreuer, siegreicher Ritter am Dom steht, waren die Soldaten, die sich freiwillig gemeldet hatten oder unfreiwillig in den Krieg ziehen mussten, tatsächlich – sowohl im Ersten als auch im Zweiten Weltkrieg – Verlierer dieser großen, blutigen Kriege.